Dr. Volker Redder

Volkers 5 Minuten - Zeit für die Freiheit: Ein Wochenbericht aus Berlin

KW 41/42 10.10. - 21.10.

Heute berichte ich über zwei Wochen, die ich hintereinander in Berlin verbracht habe.

KW 41

Interessant waren diverse Treffen, besonders hervorzuheben ist dabei der Besuch der Wirtschaftsjunioren aus Bremen in der KW 41, die uns eine Woche lang begleitet haben. Bei mir war Sara Hankiewicz von der Bremer Croll & Denecke GmbH. Wir waren auf Veranstaltungen der Wirtschaftsjunioren, zum Teil mit dem Team. Außerdem hat Sara Hankiewicz an allen nicht-geheimen Sitzungen teilgenommen. So konnten diese jungen Leute diesen „großen Apparat“ kennenlernen und sie waren positiv überrascht, das dieser doch ganz gut funktioniert.

Im Innen- und Digitalausschuss sprachen wir über die Anschläge auf die Systeme der Deutschen Bahn. Dabei wurden in Herne und in der Nähe von Berlin Kabel durchtrennt; diese Kabel sind die Knotenpunkte, deren Beschädigung zum Erliegen des gesamten Schienenverkehrs in Norddeutschland geführt hat. Dass das passiert, hat mich gewundert und deswegen haben wir uns schlau gemacht über die Hintergründe:
Die Bahn benutzt zwar TCP/IP (Datenübertragungsprotokoll; für den Atomkrieg entwickelt), hat aber innerhalb dessen ein Rail-Safe-Transport-Application-Protokoll laufen. Das wiederum aber eine Point-to-point-Verbindung benötigt. Das hat die Bahn so gemacht, da das TCP/IP von der Latenz her zu risikoreich bei schnellfahrenden Zügen ist. Die Latenz von TCP/IP passiert im Millisekundenbereich, sie wollten aber eine Echtzeitkommunikation haben. Eine Echtzeitkommunikation bedeutet aber, dass sie nicht mehr funktioniert, wenn Kabel durchgeschnitten werden. In den Ausschüssen wurde deshalb die Forderung laut, man müsse die Kabel bewachen, das tun sie aber bereits selbst durch regelmäßige Nachrichtensignale. So wurde das Durchtrennen des ersten Knotenpunktes schnell bemerkt, man tat aber erst einmal nichts, da es ja noch den zweiten Knotenpunk gab. Erst als auch dieser zerstört wurde, haben die Verantwortlichen bei der Bahn aus Sicherheitsgründen das Netz runtergefahren. Wenn ich eine Echtzeitverbindung habe, dann muss sie „eskalieren“ nach einer langsameren Verbindung und das wäre TCP/IP. Im Protokoll der Bahn ist aber vorgesehen, dass in so einem Fall an den Knotenpunkten der Mobilfunk benutzt wird. Der Mobilfunk hat zwar eine höhere Latenz als eine Point-to-Point-Verbindung, aber das wird toleriert. Das hat aber anscheinend nicht geklappt, da wir Mobilfunklücken im Land haben. Aber daran arbeiten wir ja mit der Gigabit-Strategie.

Coronabedingt ist Markus Herbrand ausgefallen, das ist der finanzpolitische Sprecher der FDP-Fraktion und ich durfte im Zuge dessen am Freitag seine Rede zur Wärmewende übernehmen. Ich habe die Rede zwar ein bisschen ironischer gestaltet, als Markus Herbrand das wollte, seine Rückmeldung dazu war hinterher aber sehr positiv.

Am Freitagnachmittag bin ich nach der Plenumspräsenz zum Bundesfachausschuss „Digitales“ gegangen, der bis Samstag getagt hat. Dahin haben alle Landesgruppen der FDP und viele Kreisverbände ihre Digitalvertreter geschickt. Es wurden Arbeitsgruppen gebildet und wir haben erst einmal festgelegt, was wir bis zum nächsten Treffen organisiert haben wollen, wie wir die FDP noch digitaler gestalten möchten und wie wir bestimmte Themen in Richtung Mittelstand „pushen“ wollen, damit wir in diese Richtung wieder sichtbarer werden.

In der KW 41 haben wir folgende Gesetze verabschiedet:

  • Das KiTa-Qualitätsgesetz, mit dem wir die Länder unterstützen, dass unabhängig vom Wohnort und dem Einkommen der Eltern jedes Kind eine KiTa besuchen kann, die personell gut ausgestattet ist, flexible Betreuungszeiten anbietet und auf die individuellen Bedürfnisse der Kinder eingeht.
  • Gesetz zum Bürgergeld, bei dem es um eine aufstiegsorientierte Grundsicherung geht. Wir haben die Zuverdienstmöglichkeiten geändert, Arbeitsanreize und Aufstiegsmöglichkeiten verbessert und Jugendliche können künftig einen höheren Anteil ihres ersten selbstverdienten Geldes bzw. Einnahmen bis zur Minijobgrenze behalten. Anmerken muss ich noch, dass er Berechnungen vom „Focus“ gab, dass der Abstand zwischen Bürgergeld und einer Vollzeitbeschäftigung auf Mindestlohnniveau zu gering sei; das ist aber nicht richtig, der Abstand ist immer noch deutlich.
  • Das 3. Entlastungspaket haben wir diskutiert, wo es um die Heizkostenzuschüsse, die Energiepreispauschale für Rentner und Studierende sowie für energieintensive Unternehmen geht.
  • Dann haben wir den „Abwehrschirm“ gegen Putins Energiekrieg im Parlament besprochen. Es gab auch viele Stunden intensiver Debatte darüber in der Gaspreiskommission und es gab erste Vorschläge, wie man Einsparanreize und Entlastungen zusammenbringen kann. Dabei ging es natürlich auch um die klimaneutralen AKWs. Wie das Ganze weiterging, ist ja weitläufig bekannt.

 

Am Sonntag hatte ich frei und habe die Zeit für einen Ausflug in das Berliner Umland genutzt.

 

KW 42

Am Montag ging er los mit den üblichen Terminen.

Über „Abgeordneten-Watch“ erreichte mich dann eine Anfrage eines Bürgers, der sich Sorgen macht wegen der aktuellen Situation im Iran und wissen wollte, was die Bundesregierung tut, um den Zugang zum freien Internet für die demonstrierenden Menschen dort zu erleichtern. Ich habe ihm geantwortet, dass man mit VPN (Virtual Private Network) in Kombination mit Tor (Anonymisierungs-Software) Internetsperren umgehen kann. Dazu benötigt man aber auch einen Tunnel auf der anderen Seite im offenen Internet. Es gibt Browsererweiterungen, zum Beispiel Snowflake, die einen solchen Tunnel darstellen. Man könnte dazu einen Aufruf an alle Bürgerinnen und Bürger in der freien Welt starten, Snowflake zu installieren, um den Menschen in Ländern mit zensiertem Internet einen Zugang zum freien Internet zu ermöglichen.
Dieses Thema habe ich dann auch im Digitalausschuss angesprochen, wir hatten aber keine Zeit für das Thema und haben es auf die nächste Ausschusssitzung verschoben.
Ich erwähne diese Anfrage, da sie zeigt, wie einfach es sein kann, den Leuten zu helfen und so ein Thema ins eigene und ins gesellschaftliche Bewusstsein zu rücken.
Man muss das Ganze natürlich noch mit dem Außenministerium abstimmen, da wir nicht wissen was in der Beziehung außenpolitisch bereits läuft.

Im Bereich „Digitales“ haben wir eine Menge geschafft und haben auch noch viel vor: Wir haben ein Positionspapier zum „Dateninstitut“ erstellt, worüber es aktuell Streit im Haushalt gibt, wie die Finanzierung gewährleistet werden soll.

Dann gibt es ein Positionspapier zur „Digitalen Identität“ und eine große Menge an offenen Positionspapieren zu vielen anderen Digitalthemen sowie einen Entwurf zum Thema „Künstliche Intelligenz“ und „Flächendeckender und modernerer Mobilfunk“. Auch das Online-Zugangs-Gesetz (OZG) wird weiter voran gebracht, weswegen wir uns am 18.10. mit „Finanzen“ getroffen haben zum Thema „KONSENS“: Das ist das übergeordnete Digitalisierungsprojekt der Finanzverwaltung. Bei dem Termin waren auch viele Vertreter der Länder dabei und wir haben uns erst einmal nur ausgetauscht. Warum ist „KONSENS“ so erfolgreich im Vergleich zu anderen Digitalprojekten? Weil die verantwortlichen Personen ihr Framework abstimmen mit den Bundesländern, mit denen sie programmieren. Zwar hat „KONSENS“ nun auch schon 2 Milliarden Euro gekostet und es gibt bereits ein Budget für die Weiterentwicklung, aber es funktioniert! 80 Prozent der Bundesbürger benutzen „ELSTER“ (ein Produkt unter „KONSENS“), das heißt, das ist ein richtiger Erfolg, auch wenn an der Bedienfreundlichkeit noch gearbeitet werden muss. Ab Januar/Februar nächsten Jahres wird es zudem eine ELSTER-App geben.

Das war ein tolles Gespräch und man hat gemerkt, dass die Finanzminister aus den Ländern ganz anders „ticken“ als die Leute, die für die allgemeine Digitalisierung zuständig sind. In der Verwaltung ist das Denken eben noch nicht angekommen, dass jeder Aufwand für „KONSENS“ und „ELSTER“ und ein „Ziehen am selben Strang“ am Ende höhere Steuereinnahmen generiert und im Verhältnis die Investitionen dafür geringer ins Gewicht fallen.

Die Lösung dieses „Dilemmas“ liegt allerdings im Ressort von Innenministerin Nancy Faeser; laut den Planungen des Ministeriums kommt „Digitales“ gegen Ende des Jahres im Rahmen des „OZG 2.0“ dran, worüber dann debattiert wird. Zur Ausgestaltung haben wir uns – die beiden mit dem Thema betrauten FDPler – ein Mitspracherecht innerhalb der Koalition erkämpft.

Am Dienstag erwischten mich dann nach diesem Gespräch zu „KONSENS“, der AG „Innen“, dem AK „Digitales“, AK „Innen“ und AK „Finanzen“ schwere Magen-Darm-Probleme. Ich musste mich krankmelden und mir ein Attest vom Bundestagsarzt holen und bin am Donnerstag nach Hause gefahren. Es kamen dann noch ein paar andere Dinge dazu und mein Arzt vermutet, dass das mit Long-Covid zu tun haben könnte. Magen-Darm gehört nämlich gerade bei älteren Menschen zu Covid-Symptomen. Es geht mir aber schon wieder besser.

Ich gebe noch einen Überblick über die Beschlüsse, die in meiner Abwesenheit getätigt wurden:

  • Der „Abwehrschirm“ gegen Putins Energiekrieg: Der Weiterbetrieb der 3 AKW ist durch das Machtwort des Kanzlers gesichert worden und dies ist sehr wichtig, denn allein das AKW Emsland kann noch 1,7 Terawattstunden Strom produzieren. Und neue Brennstäbe brauchen wir auch nicht, denn Uranbrennstäbe können recycelt werden. Je mehr Energie wir selber produzieren, desto besser und wir könnten unser Gas auch selber fördern, man muss nur damit anfangen.
  • Das Wirtschaftsstabilisierungsfonds-Gesetz (Gaspreisbremse) wurde verabschiedet; die Gaspreisbremse wirkt sich ja auch auf den Strompreis aus dank des Merit-Order-Prinzips. Die AKW bleiben erst einmal bis April am Netz, gleichzeitig läuft der Stresstest weiter und es wird untersucht, ob das Modell, auf das sich Habeck bezieht, tatsächlich trägt; wenn dann festgestellt, dass die AKW zwingend notwendig sind, dann werden SPD und FDP dafür sorgen, dass sie weiterlaufen. Denn es geht dann nicht um Ideologie, sondern darum, das Land vor einem wirtschaftliche Fiasko zu bewahren.
  • Energiepreispauschale, Heizkostenzuschuss und das „Wissing-Ticket“ (wir nennen es wirklich so) - dies ist ein digitales (wahlweise auch auf Papier), bundesweit gültiges ÖPNV-Ticket im Abo, monatlich kündbar, für 49 Euro. Das kostet zwar 1,5 Milliarden Euro pro Jahr, auf der anderen Seite sparen die ÖPNV-Anbieter in den Länder aber viel Geld für die Verwaltung, Buchhaltung und das Ticketing.
  • Vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels haben wir den Chancen-Aufenthalt beschlossen. Gut integrierte, geduldete Ausländer erhalten eine klare Arbeits- und Bleibeperspektive. Straftäter und Gefährder hingegen werden künftig sehr konsequent durch Rechtswegverkürzung abgeschoben.
  • Dann haben wir das GKV-Finanzstabilisierungsgesetz verabschiedet. Dabei geht es darum, dass die hohen Kosten, die die gesetzlichen Krankenkassen momentan haben und in der Corona-Zeit hatten, kompensiert werden und das System auch für die Zukunft auf stabilen Grund gestellt wird.

 

Einen schönen Start in die neue Woche wünsche ich Euch!