Dr. Volker Redder

Volkers 5 Minuten - Zeit für die Freiheit: Ein Wochenbericht aus Berlin

KW 32/33, 13.08. - 20.08.22

Am 13.08. fand das Sommerfest der FDP im Hotel „Überfluss“ in Bremen statt, das war zugleich auch mein Hochzeitstag und ich dachte, dass ich den zusammen mit meiner Frau dort verbringen könnte. Sie ist dann aber leider krank geworden und ich besuchte das Fest alleine. Es war sehr nett mit vielen interessanten Gesprächen und mit einigen Leuten, die ich lange nicht gesehen habe. Das liegt zum Teil natürlich an Corona, aber auch an der Tatsache, dass ich ja jetzt eben viel in Berlin bin.

Die neue Woche startete dann mit der Fortsetzung meiner Sommertour zu den Bremer Ortsämtern. Herausragend war dabei das Ortsamt Burglesum, weil das ein „gut funktionierender“ Stadtteil ist, wie uns der Ortsamtsleiter berichtete. Wir haben super Gespräche geführt und natürlich gibt es auch Wünsche; man versucht, etwas zu bewegen, es sind ja Haushaltswochen Anfang September und vielleicht kann man ein bisschen Geld für die geplanten Projekte in dem Stadtteil „locker machen“…?

Ich war auch im Ortsamt West - das umfasst die Stadtteile Walle, Gröpelingen und Findorff; das ist glaube ich von der Einwohnerzahl und der Fläche her gesehen der größte Bereich in Bremen. Dort haben wir viele Projekte besichtigt,von der Quartiersmeisterei bis hin zu ökologischen Bauten am ehemaligen Fußballplatz in Walle, wo Bürgerinitiativen ein Bausyndikat gegründet haben. Das ist sehr schickt geworden und diese Initiative hält den Stadtteil zusammen. Auch den Waller Markt wollen die Anwohner wiederbeleben und man hat wirklich den Eindruck, dass dort etwas bewegt werden soll. Ich möchte auch Marco erwähnen, der in Walle im Beirat sitzt und dort sehr respektvoll behandelt wird, was für FDP-Kandidaten nicht selbstverständlich ist.

Auch das Ortsamt Mitte, also Östliche Vorstadt, gehörte diese Woche zu meinen Anlaufpunkten; dazu gehört nicht nur „das Viertel“ sondern auch die Innenstadt mit ihren Problemen. Das lief auch ganz gut, aber ehrlich gesagt nicht so richtig prickelnd. Ich weiß aber nicht, woran das gelegen hat; wir haben lange zusammen gesessen, aber herausragende Erkenntnis kamen dabei nicht heraus. Ansässig ist das Ortsamt in einer schönen alten Kaufmannsvilla, die im Inneren originär belassen wurde, außen aber voll mit Text-Graffitis beschmiert ist. Man hat eben versäumt, in Bremen rechtzeitig etwas dagegen zu tun…

Am Donnerstag dann ist das Unglück mit dem Leuchtturm auf der Mole in Bremerhaven passiert. Parallel dazu gab es Beschwerden vom Bundesrechnungshof zu den 40 Millionen Euro, die für den Nachbau der „Najade“ für das Deutsche Schifffahrtsmuseum ausgegeben werden sollten. Ich habe dann ein bisschen herum telefoniert und das Ergebnis war, dass man die Geldmittel auch umwidmen kann. Das Schifffahrts Museum hatte bereits 40 Millionen Euro für den Umbau des Hauses erhalten, die Kosten sind ihnen aber entglitten. Renoviert wurde erst die Hälfte der Flächen, das Geld ist aber verbraucht. Nun ein Schiff nachzubauen, das es baugleich auch schon in Hamburg gibt, macht sowohl für den Bundesrechnungshof als auch für mich keinen Sinn. Daher sollte das Geld doch viel eher dazu verwendet werden, den Umbau des Museums zu vollenden und das Haus wieder ohne Einschränkungen für den Besucherverkehr zu öffnen.
Eine Umwidmung ist möglich, jedoch muss diese jetzt zeitnah vor den Sitzungen zum Haushalt in der ersten Septemberwoche eingereicht werden. Meinen Standpunkt dazu habe ich übrigens auch noch in einem „buten-un-binnen“-Interview zum Besten gegeben.

Die Enttäuschung vieler Bremerhavener, dass sie in dem Fall kein weiteres Museumsschiff bekommen, kann ich nur bedingt nachvollziehen, zumal die Stadt vor Kurzem das Schulschiff „Deutschland“ als die touristische Attraktion erhalten hat; das liegt zwar nicht vor dem Deutschen Schifffahrtsmuseum, sondern in dem Quartier rund um das Auswandererhaus; aber Bremerhaven ist nicht so groß als dass Besucher die Distanz nicht zu Fuß überwinden könnten und man sieht auf dem Weg noch etwas von der Stadt, deren Attraktivität dabei gut vermittelt werden kann.

Zu der abgesackten Nordermole und dem Leuchtturm in Bremerhaven hat sich dann Hauke Hilz geäußert, sodass wir in den vergangen Tagen in den Medien sehr präsent waren. Das Unglück ist aus meiner Sicht aber hausgemacht; eine Renovierung war für 2024/2025 geplant, aber nun hat uns eben die Natur einen Strich durch die Rechnung gemacht. Problemtisch hier ist die Tatsache, dass das Grundstück der Stadt Bremerhaven gehört, der Leuchtturm aber dem Bund. Jetzt konnte aber eine sehr schnelle Einigung erzielt werden, dass der Turm abgetragen, der Boden und die Mole saniert und der Turm dann wieder originalgetreu aufgebaut wird.

Ein weiteres Thema in dieser Woche war Wolfgang Kubicki’s Äußerung zu Nordstream 2. Er ist ja für polarisierende Aussagen bekannt und hat sich jetzt in einem Interview dafür ausgesprochen, jene Pipeline wiederzueröffnen. Man kann das nicht ganz nachvollziehen… Er hat eben die Befürchtung, dass Deutschland durch den Gasmangel in ein tiefes Loch fallen wird. Mit dieser Auffassung ist er nicht der Einzige und viele Wirtschaftsexperten sagen, dass wenn wir nicht genügend dagegen tun und dann wird sich daraus ein langfristiges Problem ergeben. Denn es dauert, die zuvor heruntergefahrenen Anlagen und Betriebsabläufe wieder auf Normalbetrieb zu bringen, wenn diese überhaupt wieder zum Laufen gebracht werden können. Deswegen Kubicki’s Vorschlag, über den Betrieb von Nordstream 2 die Gasspeicher aufzufüllen und die Kostenexplosion abzumildern. Laut einiger journalistischer Analysen macht er sich damit zu „Putin’s Schergen“, aber man muss dabei auch den größeren Zusammenhang sehen: Es geht nicht darum, sich die kommenden Jahrzehnte von russischem Gas abhängig zu machen, sondern die aktuelle Situation ist problematisch; zum Beispiel haben wir sehr viel dafür getan, dass Polen seine Gasspeicher gefüllt bekam, unsere Nachbarn aber jetzt sagen, wenn Deutschland von uns Gas haben möchte, dann soll es erst einmal ein paar Milliarden Entschädigung für den Zweiten Weltkrieg bezahlen. Das wurde aber eigentlich im Rahmen der Wiedervereinigung geregelt… Plötzlich werden sie alle gierig. Die Schwäche Deutschlands kann aber eben auch schnell zu einem gesamteuropäischen Problem werden. Wenn man das ganze unter diesen globalen Zusammenhängen sieht, macht es eventuell Sinn, Nordstream 2 noch einmal zu öffnen, zumal diese Pipeline voll funktionsfähig ist und die Ausrede, weniger Gas liefern zu können wegen der fehlenden Turbine, wie bei Nordstream 1, nicht gelten könnte. Um es noch einmal klarzustellen: Ich bin hier nicht auf Kubicki’s Seite, es war der vollkommen falsche Zeitpunkt, so etwas zu kommunizieren. Aber es ist OK, hinter den Kulissen auch mal deutlich sagt, dass Deutschland in eine fatale Notsituation gerät, weil wir komplett von russischen Energieträgern abhängig sind und nicht so schnell Alternativen aufbauen können. Wir sind dann eben auf die Solidarität unserer Nachbarn und Nato-Partner angewiesen, wollen zugleich aber nicht von ihnen über den Tisch gezogen werden. Denn wenn das zum Beispiel von den Amerikanern gelieferte Fracking-Gas so teuer ist, dass die Abnehmer es nicht mehr bezahlen können, nützt uns das wenig.
Das zu kommunizieren, war wohl hier Kubicki’s Ansinnen. Er hat aber eine Debatte angestoßen, die auch von der AfD bzw. von Alice Weidel und auch von Sahra Wagenknecht bedient wird und daher zu vermeiden gewesen wäre. Andererseits sind wir offen für alle Ideen, solange es abstimmbar in der Ampel-Koalition ist und mit anderen Demokratien in Europa funktioniert. Und solidarisch sollten wir in der Gemeinschaft sein und auch Deutschland sollte dann Hilfe erhalten; wenn das nicht funktioniert und Unterstützung an Bedingungen geknüpft ist, haben wir ein Problem. Wenn Deutschland nur bezahlen kann und im Gegenzug keine Hilfe bekommt, ist das zu wenig, jedenfalls Kubicki’s und auch meiner Auffassung nach. Da muss etwas geändert werden, deswegen fand ich den Ansatz interessant. Das schlimmste dabei war jedoch die innere Zerfleischung der FDP; wenn man schlau ist als FDPler dann schweigt man zu solchen Aussagen. Aber das Gegenteil ist der Fall und alle äußern sich bei Twitter und Co. dazu und verurteilen die Äußerung. Und das wiederum lieben die Medien und greifen es sofort auf, wenn sich Leute in einer Partei streiten. 
Liebe Leute, lasst einem Kubicki seine Plattform, dann wird er auch sicherlich in der kommenden Woche zu Markus Lanz eingeladen und kann seine Sichtweise und seinen Plan dort noch einmal erklären. Und ich würde ihn mir erst einmal anhören und ihn ausreden lassen und mir dann eine Meinung bilden. Zumal es kein Sakrileg ist, anders zu denken als alle anderen. Ganz im Gegenteil, so etwas bringt uns voran! Durchdenken und debattieren kann man alles, sogar die Grünen sprechen schon von einer Verlängerung der Atomkraftwerke. Wir können es uns schlicht nicht leisten, uns aus dogmatischen Gründen bestimmten Energiequellen zu verschließen, gleichzeitig muss Putin klar gemacht werden, dass es nicht wie bisher laufen kann. Vielleicht gibt es eine Zwischenlösung, denn wir dürfen nicht in die Situation kommen, dass die Wirtschaft den Bach heruntergeht und Menschen im Winter frieren. Denn dafür hätten wir dann die politische Verantwortung.